Systempolaritäten...
@Thom.
Ich glaube, die 68-Bewegung war ihrer Zeit in gesellschaftlichen Dingen weit voraus. Leider haben diejenigen, die dem exzessiven Substanzmissbrauch frönten, das ganze vermasselt, weil damit die Bewegung deren Glaubwuerdigkeit enthoben wurde.
Und genau da setzt(e) die Gegenpropaganda an und die Volksmasse rennt dieser, wie immer, hinterher. Und die Rückendeckung bot (bietet) die machtvolle bürgeliche Struktur des Westens.
Das ganze war auch ein Entkommen aus dem extrem rigiden und konformistischen Mindset der 50er.
Auch? Ich denke vorwiegend. Aber, wenn man's kritisch betrachtet, haben wir heute erneut den konformistischen Mindset. Das ist auf jedenfall sehr stark mein persönlicher Eindruck, wenn ich die heutigen jungen Erwachsenen mit denen von damals vergleiche. Unglaublich wieviele heute den bürgelichen Schitt mit Glauben daran mitmachen. Ich könnte k*tzen!
Wobei ich hier klar zum Ausdruck bringen will, dass ich keineswegs ein dogmatischer 68er-Anhänger bin, auch wenn ich mich manchmal absichtlich provokativ als Post-68er bezeichne. Ich setze z.B. dort Grenzen, wo's widernatürlich wird. So nahm damals das Antiautoritäre Erziehungssystem Formen an, die ich schon damals nicht gutheissen konnte. Interessant ist, wenn man hier mit 68er-Fundies diskutiert, dann werden schnelle (apologethische) Gründe im Sinne von, dass man es halt nicht richtig verstanden hat, ins Felde geführt und es folgt eine Aufklärung...
Was mir heute aus den 68er allerdings schmerzhaft fehlt, ist die damalige selbstverständliche Kritik gegenüber all denen die Macht auf uns ausüben, - Wirtschaftskapitäne und Politiker der sogenannt bürgerlichen Art. Das Bewusstsein, dass der Otto Normalbürger von den Politikern nicht wirklich vertreten ist und dass z.B. die Pharma- und Mobilfunkindustrie nur am Profit und sonst nichts interessiert ist, fehlt fast ganz, oder es ist viel zu schwach. Oder anders: Man kann durchaus verallgemeinernd sagen, wenn es um Umsätze/Verdienste im Milliardenbereich geht, ist der Mensch weniger wert als Schei**e. Diese "Schei**e" lässt sich das alles aber auch gefallen...
In der Ziwschenzeit haben wir das Versagen der beiden kontrahenten Systeme (Kapitalismus a l'Americaine und Sozialismus a la Russe) erlebt.
Wobei wirklich totgemacht wurde nur der sogenannte Kommunismus sowjetischer Prägung.
Ich kann es leider nicht mit Links oder sonst eine Quelle belegen, aber ich habe schon einige us-kritische Dokusendungen gesehen (TV) und gehört (Radio), wo gesagt wurde, dass man eindeutige Dokumente gefunden hat, dass der Zusammenbruch des Osten von US-Geheimdiensten gestuert worden ist. Ganz speziell fällt da ins Gewicht die Vernichtung des Prager Frühlings.
Naja, das leuchtet schliesslich auch ein. Man stelle sich vor, der Prager Frühling wäre, als Mixtur und Sozialismus, erfolgreich geworden, die US-Regierung hätte solches niiiiemals verkraftet. Also, zerstört man so etwas rechtzeitig. Aus einem Dokument ging auch hervor, dass sich Breschniev persoenlich stark gegen die Vernichtung des Prager Frühlings ausgesprochen hatte. Ob er nachgegeben hat es trotzdem zu befehlen, weil sonst die Amis mit irgendwelchen (finanziellen) Sanktionen gedroht hätten, weiss ich nicht (mehr). Spielt aber auch keine Rolle, weil vorstellbar ist genau das 1000 mal mehr als das Gegenteil.
Aber etwas dürfen wir auch nicht ganz vergessen. Nicht aus Menschlichkeit, aus reinen Gründen antikommunistischer Propaganda und auch wegen der Existenz des Kalten Krieges, ging es uns hier im Westen wirtschaftlich relativ gut. Das war nachher vorbei. Als ich damals am TV den Mauerbruch sah, gab es offenbar viel zu jubeln. Schon auch verständlich. Ich hatte nur eine Reaktion, die kaum jemand verstand. Ich sagte: "In 10 Jahren haben wir Arbeitslosigkeit." Es wäre mir lieber, ich hätte damals nicht recht gehabt. :(
Du sagst, dass beide Systeme versagt haben. Recht hast Du. Das hat aber auch viel damit zu tun, dass der sowjetische Pseudo-Kommunismus genau so kapitalistisch war, oder wie war das doch mit dem superteueren Kaufhaus Gum in Moskau, wo nur reiche Leute mit Dollars einkaufen konnten?
Als Chruschchew den Kennedy besuchte, war er sehr beeindruckt, was er so zu sehen bekam. Das war natuerlich US-Propaganda vom Allerfeinsten. Chruschtchew sagte damals zu Kennedy: "Es mag schon sein, dass der Kommunismus zugrunde gehen wird, aber das wird auch dem Kapitalismus passieren, einfach nur halt später." So etwa in diesem Sinne soll er das gesagt haben...
Und die Tatsache, dass in beiden Systemen niemand sich eine Deut um die Basis und deren Lebensgrundlagen kuemmert. Und auch, dass die 'Mächtigen' eben teilweise machtlos sind. Somit ist das Vertrauen weg. Was bleibt, ist das Gefuehl, nichts mehr zu verlieren zu haben.
Ich denke, das wird sich dann ändern wenn der Leidensdruck gross genug ist. Schade, dass es immer soweit kommen muss. :(
Zu Steuer-'Abstinenz': Es hat im Fall der Schweiz und der USA funktioniert.
Welches CH-Beispiel meinst Du? Hmmm, ich kann mich jetzt gar nicht erinnern...