Killerspiel-Debatte
Nach dem unsinnigen Mord an der 16-jährigen Francesca P. in Zürich Höngg haben Schweizer Medien nach mehrtägig erfolglosem „Tatmotiv raten“ nun endlich den Grund für diese schreckliche Tat gefunden! Schuld sind die brutalen Killerspiele wie Battlefield, wo der Spieler das bestialische abschlachten von Menschen lernt…
Die Tat von Zürich-Höngg beschäftigt derzeit Schweizerinnen und Schweizer. Am Freitagabend (23.11) wird die 16-jährige Coiffeurlehrtochter Francesca P. an einer Bushaltestelle in Zürich-Höngg von einem Rekruten der Schweizer Armee erschossen. Der Täter war soeben aus der obligatorischen Rekrutenschule entlassen worden und verübte nur kurze Zeit danach die schreckliche Tat.
Ein Grund muss her!
Warum tut Jemand so etwas? Die Antworten kamen schnell: „Die Tat hätte vermieden werden können, wenn die Armeewaffen endlich nicht mehr nach Hause mitgenommen werden dürften“ sagen Kritiker. In der Pendlerzeitung 20minuten kommt ein Kriminalpsychologe zu Wort, der vermutet es handle sich dabei um einen „Spree-Killer“ ein neues Phänomen, dass beispielsweise in England auftauche und einen Täter beschreibe der wahllos und in Serie Menschen umbringe. Aufgrund der italienischen Wurzeln von Francesca P. wurde auch eine Verstrickung ins Mafia-Umfeld nicht ausgeschlossen. Die Polizei tappte weiter im Dunkeln. Der Polizeisprecher von Zürich Mario Cortesi: „Alles deutet darauf hin, dass das ein schwieriger Fall wird. Wir rätseln nach wie vor“.
Wir haben Ihn!
Nachdem bereits viel spekuliert wurde und die ganzen selbsternannten Experten ihre Theorie aufgestellt hatten, die erlösende Nachricht: Die Zürcher Polizei hat einen jungen Mann verhaftet, der der Tat verdächtigt wird, die er kurze Zeit darauf auch gesteht. Schweizer Medien bringen weitere Details über der Täter in Erfahrung: Schwierige Familienverhältnisse, keine abgeschlossene Ausbildung, Vorbestraft nach einem Brandanschlag mit einem Molotow-Cocktail, mehrfach negative Auffälligkeiten in der Rekrutenschule. Der Aargauer Gerichtspsychiater Josef Sachs meint auf dem Onlineportal von 20minuten: „Es war klar falsch, eine solche Person an der Waffe auszubilden“.
Der Fall waren eigentlich klar: Psychisch verwirrter Mann mit persönlichen Problemen in einer schwierigen Lebenslage begeht einen Mord.
Stop! Wir haben Killerspiele gefunden!
Doch ein weiteres Detail rund um den Täter wurde dieses Wochenende bekannt, dass diverse Schweizer Medien sehr zu interessieren vermochte. Laut der Sonntagszeitung „SonntagsBlick“ seien beim Täter Zitat: „stapelweise Killerspiele“ entdeckt worden. Auch der dazugehörige Text lässt aufschrecken „Killer- und Kriegsspiele mit blutigem, menschenverachtendem Inhalt“ habe der Täter gespielt. Laut Angaben der Zeitung hat der Täter zuletzt vor allem Battlefield gespielt. Laut SonntagsBlick ein Spiel „indem viel Blut fliesse und man dem Gegner hinter Hauswänden auflauere“. Auch im beliebten Computerspiel Counter Strike „war er schon lange ein brutaler -Heckenschütze“. Das Spiel, dass weltweit Millionen Spieler fasziniert ist laut SonntagsBlick fürchterlich: „Immer wieder schiesst er in der virtuellen Welt auf Menschen, metzelt sie nieder“.
Politiker: Massnahmen sofort nötig
Jetzt melden sich auch Politiker aller politischen Richtungen zu Wort. Die linke SP fordert eine Zertifizierungsstelle für Gewaltspiele analog der deutschen USK. Die rechtsbürgerliche SVP will ein generelles Verbot von Killerspielen. Der SVP Nationalrat Roland Borer wird im SonntagsBlick wie folgt zitiert: „Es ist unglaublich, was mit diesen Spielen auf die Jungen losgelassen wird“.
Fazit
Der Mordfall Höngg bringt Nahrung für diverse Nebenschauplätze. Auch die „Verteufler“ von so genannten „Killerspielen“ haben diesen Augenblick ergriffen und fordern erneut Verbote, Gesetzte und Einschränkungen.
Neben der Tatsache, dass überhaupt nicht klar ist, ob die Freizeitbetätigung „Computerspiele spielen“ – wie es weltweit hunderte Millionen Menschen tun – etwas mit der Tat zu tun hat, ist auch die Pressearbeit - allen voran der SonntagsBlick – sehr fraglich.
Schweizer Politiker verschliessen sich vor dem Dialog. Der Schweizer Branchenverband der Gaming-Industrie „Swiss Interactive Entertainment Association“ hat im Rahmen der Spielwarenmesse Suisse Toy ein Forum organisiert zum Thema „Jugendschutz und Medienkompetenz“. Wo waren da die ganzen Kritiker, Medienleute und Politiker die sich mit den Thema „auseinandersetzen“?. Gerade eine Handvoll Personen war anwesend, als die Spieleindustrie zum Dialog lud und Ihre Pläne zum Jugendschutz vorstellte.
Warum eine Prüfstelle nicht möglich ist.
Eine Prüfstelle in der Schweiz, die sich jedes Spiel komplett anschaut und somit durchspielt ist unmöglich und unnötig. Wöchentlich erscheinen dutzende neue Games für Computer sowie Konsolen. Es würde ein riesen Zertifizierungsapparat benötigt, der sich den ganzen Spiele detailiert widmet und diese mit nachvollziehbaren Bewertungen ausstattet. Der finanzielle sowie personelle Aufwand wäre riesig.
In der Schweiz werden neue Spiele nach dem Pan-European Game Information (PEGI) System bewertet. Die Hersteller von Games deklarieren den Inhalt Ihrer Spiele nach genau definierten Kriterien selber. Auf der Verpackung im Handel ist ersichtlich, ab welchem Alter sich das Spiel empfiehlt und beinhaltet weitere Warnhinweise über die Handlung des Spiels. Die Deklarationen der Hersteller werden anschliessend vom „niederländische Institut für die Klassifizierung audiovisueller Medien“ (NICAM) stichprobenartig überprüft.
An die Sonntagsblick Redaktion:
3x kurz korrigiert:
1. Das Spiel Battlefield gibt es nicht! Es ist eine Spieleserie der Firma Electronic Arts. Die Spiele dieser Serie heissen: Battlefield 1942, Battlefield Vietnam, Battlefield 2 und Battlefield 2142.
2. In den Spielen der Battlefield-Serie kommt kein Blut vor.
3. Alle Titel der Battlefield-Reihe wurden von den zuständigen Prüfungsorganen bzw. Zertifizierungsstellen ab 16 Jahren freigegeben. Sogar die strenge deutsche Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), gab das Spiel ab 16 frei.
http://www.gamenut.ch/artikel,detail,32.html